ZUR GEOLOGIE MAZEDONIENS.

 
Es kann nicht im Rahmen eines kurzen Geleitwortes liegen, über ein so ausge­dehntes Gebirgsland, als welches der Balkan sich darstellt, geologisch erschöpfend zu berichten. Nächstdem wird die Möglichkeit einer umfassenden Darstellung be­einträchtigt durch den Umstand, daß die wissenschaftliche Durchforschung dieses Ge­birges noch sehr in den Anfängen steckt und eine eigene Beobachtungen ergänzende Literatur für Serbien nur in geringem Umfange, für Mazedonien überhaupt nicht vor­liegt. Somit steht dem Geologen wie dem Hüttentechniker hier noch ein reiches, dank­bares Arbeitsgebiet offen, dessen wirtschaftliche Ergiebigkeit auch nicht annähernd abzuschätzen ist.

Der Grundstock des Balkan ist ein etwa in der Hauptrichtung Nord-Süd gestrecktes Urgebirge aus kristallinen Schiefern, Gneis, Granit, Diorit. Es folgt im wesentlichen den Flußläufen der vereinigten Morawa, der südlichen Morawa und des Wardar, tangiert bei Orsova die Donau und reicht mit geringerer Breitenausdehnung im Westen als im Osten bis in die Türkei und an den griechischen Archipel.

Von Westen schiebt sich gegen das Grundmassiv ein jüngerer Gebirgsstock, ein Kalkgebirge der Triasformation, das weit über den Küstenstrich hinaus als typisches Karstland auftritt. Die zeitlich zwischen diesen geologischen Charakteren liegende paläo­zoische Formation, d. h. die Bildung der Grauwacke, des Kohlenkalks und der Stein­kohlenform, ist in den zwischen Karstland und Morawalinie liegenden Gebieten fast durchgängig zu verfolgen. Häufiger als die nur an wenigen Stellen sicher beobachtete Juraformation ist die nachfolgende Kreidegruppe, die aus verschiedenen Schichten grauer und blauer Tone, mergeliger Kalksteine und toniger Sandsteine bestehend, sehr oft den zähen, abschwimmenden Bestandteil jener Wege bildete, die unsere Heeresmacht nur unter den ingrimmigsten Flüchen zu überwinden vermochte.

Die geologische Folgezeit desTertiärs läßt sich namentlich im Wardar-Tal beobachten, die hierzu gehörige Magelflue zwischen Usküb und Veles, Schließlich ist noch zu  erwähnen, daß die jüngsten Erscheinungsformen des Diluviums und Alluviums be­sonders in den weiten Talebenen zutage treten, lößartige Gebilde im Räume nördlich Dojran-Gjevgjeli.

Doch der so systematisierte Aufbau des Balkan zeigt sich nicht in wohlgeordneter Abgrenzung, sondern man findet sprunghafte Neben- und Ubereinanderlagerungen, un­regelmäßige Ausbisse, sporadische Erscheinungen in geologisch anders gearteter Um­gebung, außerdem noch Durchbrechungen durch gewaltige Massengesteine und durch vulkanische Ablagerungen (Trachyte, Andesite, Porphyre), sowie häufig jüngere Ge­steinsmetamorphosen (Serpentin). Dadurch gewinnt das landschaftliche Gesicht einen hohen Reiz. Oft ragen schroffe Klippen und alpine Zacken neben weichen Kuppen oder mächtigen Horizontallagerungen auf, nicht selten kann man sogar eine Fülle zeit­lich weit auseinanderliegender geologischer Erscheinungen auf verhältnismäßig engem Gebiete beobachten. Ein derartiges Beispiel bietet der Raum zwischen Wardar — Dojran-See — Valandova: Die Marianska planina führt in Schutthalden und Bach­betten Granite und Syenite zu Tal, am Fuße der Belasitza treten kupferhaltige Gneis­schiefer stark verwitternd heraus. Das Seebecken wird umschlossen von jüngeren Kalken, die teils in derber jurassischer Form, teils als Marmor auftreten. Dazwischen liegt bei Furka ein kuppenreicher Bergstock von eisenschüssigem Gneis, Schörl und Granit, durchbrochen von trachytoiden Gesteinsmassen mit weichen, den erstarrten Fluß noch zeigenden Laven auf der Westseite, während ostseits Psammite und Ton und im Tschinarli-Tal Serpentine in die Erscheinung treten.

Selbst aber bei Massengesteinen und einheitlichen Formationen findet man nach näherer Betrachtung einen äußerst reichen Wechsel in Farbe und Struktur, der sich um so leichter verfolgen läßt, als die Felsbildungen überall durch die nur dünne Vege­tationsnarbe hindurchdringen. Dabei läßt sich auch beobachten, mit welch ungeheuren Kräften die gestaltende Natur schob, hob und rüttelte; wie sie ehedem horizontal-geschieferte Massen zu Verwerfungen um Winkel bis zu 90° führte (Klisura bei Drnovo), jüngere Gesteinsmassen darüber legte, Schutt und Geröllmassen auf steilen Halden abgleiten ließ und somit schon durch Schichtenwechsel und Bewegungsgesetze vielfältige Formen erzeugte. Dazu tritt häufig noch der farbige Kontrast, oft gekenn­zeichnet durch die Benennung: kara dagh, kara bair (türk. = schwarzer Berg, Fels) liegen mitunter unweit von Beli kamen (bulg. = weißer Stein) oder bejar tepe (türk. = weißer Gipfel).

Es erübrigt nur noch darauf hinzudeuten, daß der industriellen Ausnützung dieser reichen steinernen Schätze Mazedoniens kein unüberwindliches Hindernis entgegen­steht, denn sie stehen an allen Hauptverkehrslinien in Massen an. Besonders die vielen bunten Marmorarten, wie auch die einfarbigen, weißen und gelblichen, die den berühmtesten griechischen nahe verwandt sind, können mit vielen überschätzten italienischen Arten erfolgreich konkurrieren. Bei Usküb gibt es auch einen Kalkstein von prächtig goldfarbener Farbstimmung, der dem berühmten römischen Travertin sehr nahe kommt. Sodann fordern die Trachyte, die in allen Tonabstufungen von grau­weiß, gelbrötlich, violettrot bis schwarz zu finden sind, direkt zur Verwendung als Baustein auf. Auch unter den Serpentinen gibt es reiche Spielarten, schwarze, grüne grün-gelb-gegitterte mit Pyritakzessen, viele von größter Härte und der Verarbeitung wert. Zu diesen nutzbaren Gesteinen, deren Aufzählung durch Granit, Syenit, Diorit, Porphyr usw. sich ergänzen ließe, treten aber noch Erzvorkommen, die bei syste­matischer Nachforschung ohne Zweifel ergiebige Lager erschließen werden. Nicht nur Eisen verrät sich oft, auch von dem wertvolleren Manganeisen, von Kupfer und Blei konnten Vorkommen festgestellt werden. Silbererz in Mandeln dem Muttergestein eingelagert wurde im unteren Wardartale gefunden. Unweit von jenem Fundorte soll auch noch eine alte Goldwäscherei stehen, die noch vor den Balkankriegen im Betrieb war. So erzählten die Einwohner. Unwahrscheinlich ist dies nicht, denn in alt­griechischer Zeit war Mazedonien als goldproduzierendes Land bekannt.

 HANS SCHMIDT-ANNABERG,

Leutnant d. L.



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