Die deutsch-bulgarischen Wirtschaßsbeziehungen

 
Der bedeutendste Handelspartner Bulgariens ist seit Jahren das Deutsche Reich. Die deutsch-bulgarischen Handelsbeziehungen sind eine der festen Grundlagen der deutsch-bulgarischen Zusammenarbeit. Ihre In­tensität ergibt sich aus der Struktur der beiden Volkswirtschaften und aus der deutschen Handelspolitik.

Deutschland ist ein hoch entwickeltes Industrieland mit 80 Millionen Menschen, Bulgarien ist ein ausge­sprochenes Agrarland mit jetzt 9 Millionen Menschen. Die sich hieraus ergebenden gegenseitigen natürlichen, durch die günstige geographische Lage noch verstärkten Ergänzungsmöglichkeiten der beiden Volkswirt­schaften stellen die Grundlage der deutsch-bulgarischen Wirtschaftsbeziehungen dar.

Der deutsch-bulgarische Handelsaustausch gestaltete sich in den Jahren 1910—1939 wie folgt:

 

ahr

Einfuhr

Ausfuhr

Saldo für Bulgarien Mill. Lewa

 

 

Mill. Lewa

%

Mill. Lewa

%

 

 

1910 1

43

19,5

24

15,5

-   19

1920

126

6,0

171

9,5

+  45

1925

1429

21,0

1130

20,0

-  299

1930

1376

30,0

2098

33,9

+ 722

1932

1108

31,9

1387

41,0

+ 279

1933

978

44,4

1302

45,7

+ 324

1935

1801

52,9

1710

52,6

-  90

1937

2901

58,2

2364

47,1

-  536

1939 2

3403

65,3

4110

67,8

+ 707


Da bei der Statistik ab 1940 noch der Handel Bulgariens mit Böhmen und Mähren und dem Generalgou­vernement zu der Rubrik „Deutschland" hinzugezählt wird, kann angenommen werden, daß sich der deutsche Anteil am bulgarischen Außenhandel auf mindestens 75—80% beläuft.

Von einer bewußten und planmäßigen Ausgestaltung der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutsch­land und Bulgarien kann man erst nach 1933 sprechen, als die nationalsozialistische Revolution die deut­sche Handelspolitik auf eine völlig neue Grundlage stellte und den Gedanken der europäischen Großraum­wirtschaft unter deutscher Führung in die Tat umzusetzen begann. Der Austausch der nationalen Produkte, Ware gegen Ware, Leistung gegen Leistung und die Gewißheit, diesen Warenaustausch auch in kriegerischen Zeiten gewährleisten zu können, waren die Hauptmerkmale dieser Neuordnung der außenwirtschaftlichen Beziehungen zu Bulgarien und auch zu den anderen europäischen Staaten, die hierzu willens waren.

Es ist das Verdienst Bulgariens, daß es zuerst bereit war, diese neuen deutschen Grundsätze anzuerken­nen und sie praktisch auf die deutsch-bulgarischen Handelsbeziehungen organisch anzuwenden. Unterstützt wurde diese Bereitwilligkeit deutscherseits vor allem durch die Tatsache, daß Deutschland für die bulga­rischen agrarischen Produkte in bewußter Überlegung höhere als Weltmarktpreise bezahlte. Hierdurch er­hielt der bulgarische Erzeuger einen Anreiz zu erhöhter Produktion, seine Kaufkraft wurde nicht unwesent­lich gestärkt, was wiederum im deutschen Interesse lag.

Die Notwendigkeit der Ausrichtung der bulgarischen Außenwirtschaft auf die Struktur und die Verhält­nisse des deutschen Marktes, der im Frieden die Bedürfnisse eines 80-Millionen-Volkes zu befriedigen hat, wurde vor allem von den maßgeblichen bulgarischen Landwirtschaftskreisen unter Führung des ehemaligen Landwirtschaftsministers Bagrianoff in ihrer Tragweite und vollen Bedeutung für Bulgarien, vor allem für die Entwicklung des bulgarischen Bauernstandes, erkannt.

Die zehn wichtigsten deutschen Ausfuhrgüter nach Bulgarien waren:

Warengruppen

 

1938

 

 

19393

 

 

Tonnen

1000 Lewa

%

Tonnen

1000 Lewa



Maschinen, Musikinstrumente, Apparate, Munition

10 394

784 152

30,6

14 347

970 213

28,5

 Metalle und Metallerzeugnisse

51 585

563078

22,0

72 879

726 482

21,3

Textilmaterialien und Textilerzeugnisse       Waggons, Automobile, Wagen und Schiffe
Leder und Ledererzeugnisse     

10 670 2712 2188

449 571 126 674 112 924

17,6 4,9
4,4

12 032 6371
2461

475 737 357 477 106 513

14,0
10,5 3,1

Chemische Erzeugnisse                    

10 424

89 624

3,5

14 279

132 168

3,3

Rohstoffe für Papier und Papiererzeugnisse Medizinische Stoffe und Medikamente Steine, Erden, Glas und Erzeugnisse hieraus .
Gerb- und Farbstoffe
10 265
157
3675

972

80 022 74 091
54 908
69 902

3,1 2,9
2,2
2,7

16 177
211
6289

2600

118 804
82 197 78 904
80 943

3,3 2,4 2,3
2,4

Die bulgarischen Aufträge an die deutsche Industrie haben sich infolge der deutschen Handelspolitik von Jahr zu Jahr gesteigert. Schon 1939 betrug der deutsche Anteil an der bulgarischen industriellen Be­darfsdeckung :

          47% der Einfuhr an Metallen und Metallerzeugnissen

50% der Einfuhr an Eisenbahnwagen und Kraftfahrzeugen

64% der Einfuhr an Maschinen                                        

46% der Einfuhr an Textilien                                  

73% der Einfuhr an Lederwaren

45% der Einfuhr an Chemikalien                           

50% der Einfuhr an Gummiwaren

49% der Einfuhr an Gerb- und Farbstoffen           

78% der Einfuhr an Schmuck und Galanteriewaren

70% der Einfuhr an Papierwaren                           

50% der Einfuhr an Düngemitteln

70% der Einfuhr an Pharmazeutika                      

50% der Einfuhr an ätherischen Ölen

60% der Einfuhr an Steinen, Erden, Glas und Erzeugnissen       

63% der Einfuhr an Brennstoffen

Wenn auch noch keine neueren Zahlen für die späteren Jahre vorliegen, so kann auch hier im Hinblick auf die inzwischen eingetretene Entwicklung in den deutsch-bulgarischen Handelsbeziehungen angenommen werden, daß der Anteil Deutschlands sich noch erhöht hat. Zu dieser erfolgreichen Aufwärtsentwicklung haben auch die langjährigen praktischen Bemühungen der Deutsch-Bulgarischen Handelskammer in Berlin und ihrer Niederlassung in Sofia beigetragen.

Die Ereignisse auf dem Balkan seit Kriegsausbruch haben die Richtigkeit der deutschen und der bul­garischen Handelspolitik bewiesen. Eine weitere Aufwärtsentwicklung der gegenseitigen Handelsbeziehun­gen ist auch in Zukunft zu erwarten, vor allem nach der Vergrößerung des bulgarischen Wirtschaftsrau­mes. Seine Organisierung zu höchster Leistungskraft, verbunden mit dem Ausbau seiner Eisenbahnen und Verkehrswege, der Donau- und Meereshäfen, ist für Bulgarien die vordringlichste Aufgabe für die nächste Zeit. Hierbei wird sich der deutschen Wirtschaft Gelegenheit bieten, ihre Beziehungen nach Bulgarien weiter auszubauen.


1 in Goldlewa.

2 Weitere Zahlen liegen nicht vor.

3 Nach 1939 sind entsprechende Zahlen nicht veröffentlicht worden.


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