Antony Giza
DIE BALKANSTAATE UND DIE MAZEDONISCHE FRAGE
 
Z U S A M M E N F A S S U N G

 Die mazedonische Gebiete gehören heute zu drei Staaten: zur Republik Mazedoniens mit Skopje als Hauptstadt, zu Griechenland und Bulgarien. Am Anfang des 19. Jahrhunderts befanden sie sich alle unter dem türkischen Impe-rium und waren durch national und konfessionell gemischte Bevölkerung bewohnt. Nach den Befölkerungszahl und der Bedeutung spielten die Bulgaren die führende Rolle, sie bewahrten ihre Vormachtstellung gegenüber die übrigen Befölkerung wie Albanier, Griechen, Arumänen, Juden, Zigeuner und andere. Die konfesionelle Situation war hier auch sehr kompliziert, weil neben den Griechisch-Orthodoxen auch Muslems, Katholiken, Protestanten, Gläubige des Moses-Glaubens u.a. gelebt haben. Das sich unter der türkischen Herrschaft befindende Mazedonien bildete ein ganzheitlich integriertes Territorium. Es war jedoch ein ökonomische und sozial unterentwickeltes Land. Die Befölkerung war auch besonders sttark ausgebeutet, sie fiel Mißbräuchen und Mißhandlungen zum Opfer sowohl durch die Vertreter des Regimes als auch die auf dem ganzen Territorium der Provinz aktiven zahlreichen aufständischen Hunderteinheiten, die manchmahl die Interessen der benachbarten Staaten vertreten hatten.

 Die nationale Befreiungsbewegung organisierten in Mazedonien vor allem Bulgaren, die sie während ihrer ganzen Dauer leiteten und an der Spitze aller aufständischen Aufbrüche standen. Solche ihrer Anführer wie Dame Grujev, Gotse Deltschev und andere waren ihrer Herkunft nach Bulgaren, und wenn sie dauernd neue Aufstände entfacht hatten, kämpften sie für bulgarische Staatsräson und um der Anschluß des mazedonischen Bodens an Bulgarien. Zuerst waren sie gegen die türkische Herrschaft gerichtet, und nach dem Berliner Kongreß 1878 und den Kampf Bulgariens um die Zugehörigkeit des Mazedonischen Territoriums zu ihm auch gegen Griechenland und Serbien. Auf dem Balkan hatten nämlich alle seine Länder, nicht nur Bulgaren, auch Serben und Griechen, von Albanern und Montenegros ganz zu schweigen, ihr eigenen Programme für die Zukunft Mazedoniens. Programme, die die national Vorstellungen der einheimischen Befölkerung nicht berücksichtigt haben. Obwohl der ilindensche Aufstand von 1903 zusammen mit dem preobraschenen Aufruhr gegen die türkische Herrschaft gerichtet war und symptome des nationale Befreiungskampfes darstellte, hatten sie zugleich einen antiserbischen und -griechischen Charakter. Sie wurden blutig niedergeschlagen, und die Reformversuche in Mazedonien, die die Großmächte der Türkei aufzwangen, von Jungtürken vereitelt wurden, weil sie nicht nur die Balkanstaatten schlau betrogen haben, sondern die Großmächte.

 Das Problem Mazedoniens tauchte auf der Balkan- und Europaszene mit noch größerer Stärke während der Balkankriege 1912-1913 auf. Im Erstetn Balkankrieg verdrängten die alliierten Balkanländer die Türken praktisch aus dem europäischen Kontinent und befreiten ganz Mazedonien. Sie konnten sich jedoch über seinen Status nicht verständigen, und weil sie ihre Eroberungsziele geltend machen wollten, unterschätzten sie die Interessen der Bulgaren. Das führte zum Zweiten Balkankrieg 1913 unter den Alliierten, wonach kraft der Friedensbeschlüsse in Bucharest die Teilung des Landes erfolgte, die der bulgarischen Nation empfindliche Schaden zugefürt hatte. Während des Ersten Weltkrieges führte man weiterhin Konfrontationen um Mazedonein, und diese ganz unklar zusammengesetzte sowie umstrittene Frage tauchte noch mehrmals auf der Szene der europäischen und der Balkanpolitik, u.a. in der Zwischenkriegszeit, während des Zweiten Weltkrieges, nach ihrer Beendigung, auch sogar heute, auf.

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